Echtzer Chronik  bis 1972
 




Die alten erzählen

DIE ALTEN ERZÄHLEN

1. Die Alten erzählen

Die beiliegenden Karten dienen einem besseren Überblick bezüglich der Ortsangaben.
Die älteste auf dem Katasteramt Düren vorliegende Karte der Gemarkung Echtz (v. 1879) weist leider keine Flurnamen auf.
Hinweise zu den Nummernbezeichnungen:
   1     „de Scheeßplatz" und „de Flaaskuhl"
   2     „Spetzeweed“
   3     „Tacks Weedche“
   4     „Schöbbich" und „et Sijellauch" (Ziegel für die Kirche 1896)
   5     „de Eldere" und „de Schendskuhl"  
   6     „de Emmemaar“
   7    ·„em Mötschwenkel"
   8     „de Doochbleech"
   9     „de Kooweed"
  10 a  „de Entepool"
  10 b  „de Frenksches Pool"
  11 a   „Hof von Echtz" (?) und „Hoafs Pool"
  11 b   „Hinter Hofsweid"
  12     „Hexengäßchen" (ungefährer Verlauf)
  13    „Nierbendesch  Jäßche"
  14     „Am Beldestock"
  15     „Am jröne Wääch"
   P       Pumpen

Nachstehende Aufzeichnungen beruhen zum größten Teil auf den Angaben der alten Echtzer:
Johann Steffens,                     geb. 1879
A. Maria Simons,                   geb. 1880
Adolf Spies,                           geb. 1887
Richard Kurth,                       geb. 1892
Wilhelm Dickmeis,                 geb. 1895
Gottfried Vitzer,                     geb. 1905
Albert Neffgen,                      geb. 1909
Eheleute Ludwig Poschen u. a.

Echtz ca. 1969


Echtz, ein nasses Dorf

Echtz leidet heute unter Nässe. Früher, vor dem Anstich der Grube, war dieser Missstand noch erheblicher. Die Straßen befanden sich in schlechter Verfassung und waren oft überschwemmt, so daß man nur mit der Karre die Wege bewältigen konnte. Wegen des hohen Grundwasserspiegels wurden die Häuser selten unterkellert.
Bei eintretender Schneeschmelze kam es vor, daß vor allem Kirchstraße, Steinweg und Weidmühlenstraße hoch unter Wasser standen. 1942 wurden die Schulkinder sogar mit Fahrzeugen der einquartierten Soldaten zur Schule gefahren. Die teils vorhandene Kanalisation hatte das Wasser nicht fassen können. Auch die tiefliegende Straße nach Mariaweiler war oft überschwemmt. Am Ortsausgang nach Hoven erstreckte sich ein sumpfiges Gelände, dort wurde sogar Torf gestochen. Dieses Gebiet stand nicht selten
gänzlich unter Wasser und lud in den meist harten Wintermonaten zum Eissport ein.
An vielen Stellen des Ortes befanden sich bis zur Zusammenlegung (1908-1910) kleine Weiher, z.B. in der Steinbisstraße „de Entepool" (10 a), „Frenksches Pool" (10 b), einer hinter der alten Schule und in der Breitestraße „Hoofs Pool". Sie dienten den Landwirten als Viehtränken. Auch kleine Fische, „Steenbisse" genannt, soll es in diesen Tümpeln gegeben haben. Einige sind der Meinung, die  Steinbisstraße habe daher ihren Namen. Das Haus des Wilh. Hannes in der Steinbisstraße soll erst durch Einrammen von Pfählen ein festes Fundament bekommen haben. Der Flurname „lm Mutschwinkel" (7) - dieses Gebiet am Südrand von Echtz ist heute zum größten Teil bebaut - weist auf Matsch, Morast hin.
Auf den schlechten Zustand der Gossen deutet der von Auswärtigen gebrauchte Ausdruck „Äkse Sootemarine" hin.

Von der Erwerbstätigkeit

Echtz zählte in den Jahren um 1900 ca. 800 Einwohner. Die Kinderzahl war groß. Es war damals nicht leicht, das tägliche Brot zu erarbeiten und die vielen hungrigen Mäuler zu stopfen; aber die Menschen waren anspruchsloser und meist zufriedener als heute.
Die Mehrzahl der Einwohner betrieb eine kleine Landwirtschaft, während andere in der Industrie beschäftigt waren.



Arbeitsplätze boten:

Fa. Heimbach, Mariaweiler (Filztuchfabrik)
Fa. Kufferath, Mariaweiler (Drahtsiebweberei)
Fa. Deutgen, Hoven (Nagelfabrik)
„Schmitze Moll", Merken
„de Lompeschopp", Merken
eine kleine Zigarrenfabrik in Merken
die Papierfabrik Mühlhofen in Hoven u. a.
Alle Wege wurden zu Fuß bewältigt. Das erste Fahrrad kam 1904 nach Echtz.

Die Echtzer waren bis zur Französischen Revolution den Grafen von Merode zehntpflichtig. Die Alten berichten, eingangs des Steinwegs - etwa hinter der alten Kirche - habe eine Scheune gestanden, die den „Zehnten" für den Grafen aufgenommen haben soll; andere weisen diesbezüglich auf einen „Zehnerhof"- ehemals in der jetzigen „Kreiers Weide", Breitestraße - hin. Diese Aussage ist glaubwürdig, weist doch die hinter dem ehemaligen Hof liegende Flur den Namen „Hinter Hofsweid" auf. Zudem sagte man „an Hoafs", wenn man den Besitzer des Hofes, zuletzt ein Landwirt Schmitz, meinte. Die landwirtschaftlichen Gebäude lagen in Kreiers Weide, während sich das Wohnhaus gegenüber, auf der anderen Straßenseite, befand.

Die Alten erzählen weiterhin von einer Glocke, die von Merode aus die Echtzer Bauern zu dringender Arbeit herangerufen haben soll.

Nach den Befreiungskriegen gab das Schloss die Eigenwirtschaft auf, verpachtete die Ländereien und bot so den Bauern Gelegenheit, zu eigenem Grund und Boden noch den gepachteten zu bearbeiten. Die Pachtpreise waren günstig: um 1900 20,-- RM für 1 Morgen (privat 30,-- RM), 1908 40,-- Mark für besten Boden.

Der Graf von Merode stellte den Bewohnern von Echtz auch gewisse Waldungen zum Holzeinschlag zur Verfügung. Sie bezahlten für 1 Morgen Eichenstangenholz 80-120 Mark. Die dünnen Eichen - dicke waren angekerbt und mußten stehenbleiben - wurden im Mai geschlagen, damit die Rinde gut zu lösen war. Die Lederfabrik Kreuder, Langerwehe, bezahlte für die anfallende Lohe einen guten Preis (noch bis 1925). Das feste Holz und das Reisig (Schanzen) stapelte man daheim auf, heizte damit die Öfen und den wegen der Feuersgefahr hinter dem Hause befindlichen Backofen. Zusätzliches Heizmaterial lieferte nach Inbetriebnahme die Braunkohlengrube. Kostenlos konnten unliebsame, halbverkohlte Baumstämme und Äste abtransportiert werden.

Nordwestlich des Dorfes befanden sich die besten Ackerparzellen, während auf Düren zu der Boden wenig ertragreich war und deshalb vielfach unbewirtschaftet blieb. Auf die mit Gras bewachsenen Plätze, „de Kooweed" genannt, wurde bis zur Zusammenlegung 1908 das Vieh des ganzen Dorfes getrieben. Ging einmal ein Tier ein, dann begrub man es in „de  Schendskuhl" (Schindskaul), die rechts des Weges nach Hoven hinter „de Eldere" (die Erlen) lag. So verfuhren die Echtzer bis etwa 1900.

Abgesehen von den wenigen „dicken" Landwirten, z. B. Krichels, Steinweg, „Hoafs", Breitestraße, hatten die Bauern vor dem Ersten Weltkrieg nur 1-2 Kühe und einige Schweine. Von Auswärtigen wurden sie wegen ihrer Armut herablassend „Deckebonnefreißer" betitelt. Aufgrund der gering anfallenden Mistmenge waren sie lange Zeit an die Dreifelderwirtschaft gebunden.

Zuckerrüben wurden hier etwa ab 1910 angebaut. Der Landwirt Heinrich Vater machte mit 6 Morgen den Anfang (und wurde deswegen verlacht). Die Schulchronik berichtet von den ersten Rübenferien im Jahre 1911 (9. - 22. Juni).
Nach dem Ersten Weltkrieg besorgten vielfach holländische Arbeiterkolonnen das Rübeneinzeln.
Die Geräte der Bauern waren im Vergleich zu heute ziemlich einfach; hier einige  Beispiele im Bild

"Sijet on Matthook" Sichel und Haken     "de Kneavel" der Knebel (zum Binden)
"Sijet on Matthook" Sichel und Haken                            "de Kneavel" der Knebel (zum Binden)   


der Dreschflegel      "de Wann" (Wanne)
der Dreschflegel                                           "de Wann" (Wanne)

das Butterfaß
das Butterfaß

lm Winter wurde mit dem Flegel gedroschen. Die Männer trugen bei dieser Arbeit einen blauen Kittel nebst einer Zipfelmütze. Das Langstroh des Roggens wandt man zu Bändern, mit denen im Sommer die Garben zusammengebunden wurden und im Herbst das Grummetheu.

Dem Flegel folgte der „Steftedrescher", eine Walze, die mit Stiften zu sechs Reihen versehen war. Durch die rotierende Walze wurde das Getreide ausgekämmt und mit Hilfe der „Wann" gereinigt. (Man warf mit der aus Weidenruten geflochtenen Wanne Spreu und Körner hoch, und der Wind war dazu ausersehen, die Spreu fortzublasen.)

Der „Steftedrescher" wurde zuerst von Hand bewegt, später durch den „Jöbbel" (Erfinder Göbel?). Er bestand aus einem von Zugtieren kreisförmig bewegten Balken, der über Zahnrad und Welle die Maschine in Bewegung setzte. Von der „Wann-Mühle" - sie löste „de Wann" ab - wurde später das Getreide von der Spreu getrennt. In dieser Maschine, von Hand betrieben, bewegte sich ein großer Propeller, der das Kaff fortblies. Sie war in Echtz noch bis 1930 zur Reinigung des Kleesamens gebräuchlich. 1910 kam der erste Selbstbinder, Marke „Albian", nach Echtz. (Wilh.  Thelen) Etwa 1911 erwarb Wilhelm Schmitz die erste große Dreschmaschine (Dampfmaschine, Kasten, Presse).

Um die landwirtschaftlichen Erträge zu steigern, wurden in den Jahren 1912 - 14 die meisten Ackerparzellen von Hand drainiert. Landwirtschaftliche Geräte, Warenbezug und -absatz wurden von Jahr zu Jahr modernisiert und stehen heute auf einem hohen Stand.

Getreidesilo und Spar- und Darlehnskasse (Grünstraße)
Getreidesilo und Spar- und Darlehnskasse (Grünstraße)

Flachs und Leinwandweberei

Bereits in der Mitte des 18. Jh., so vermerkt die Schulchronik, wurde auf den Feldern um Echtz Flachs angebaut. Er gelangte nach sorgfältiger Reinigung in „de Flaaskuhl", rechts am Ortsausgang nach Mariaweiler, wo er eingeweicht wurde. Anschließend schlegelte man ihn und spliß ihn mit der Harfe, einem mit Nägeln besetzten Brett. In vielen Häusern stand ein Webstuhl. Die Männer sollen die Leinwandweberei betrieben und die Frauen und Mädchen die Feldarbeit verrichtet haben. Der Name „Doochbleech", ein Wiesengelände am Nordwestrand von Echtz, deutet darauf hin, daß dort die gewonnene Leinwand gebleicht wurde.

Zum Blau- und Grünfärben des Leinens, so berichtet W. Sieper in den Dürener Geschichtsblättern (Nr. 53, S. 1307), wurde ein Farbstoff verwandt, den man aus einem gelbblühenden Kreuzblütler, der Waid, gewann. Die etwa dreimal im Jahre geernteten Blätter und Stengel zerkleinerte und preßte man in den Waidmühlen.

Der Name „Weidmühlenstraße" läßt so mit den Schluß zu, daß dort vorzeiten eine Waidmühle gestanden hat. Die nach Norden angrenzende Flur trägt die Bezeichnung „Weidmühle".

Aus den Samen des Flachses wurde in Echtz auch mittels einfacher Pressen Leinöl gewonnen. Dieses Öl benutzte man zum Anrühren von Farbe und in Notzeiten auch für die menschliche Ernährung. Nach dem Ersten Weltkrieg mußte (nach strenger Vorschrift!) alles gewonnene Leinöl abgeliefert werden. Flachs wurde in unserer Gegend bis etwa 1935 angebaut.

Um Echtz herum wanden sich zwei Gäßchen: „et Hexejäßche" an der Südwestseite und „et Niebendeschjäßche" an der Nordostseite von Echtz. Auf diesen Pfaden erreichten die Bewohner ihre umliegenden Gärten.

Andere Erwerbstätige

An der Kirche, Ecke Steinweg, befand sich das Lebensmittelgeschäft Krichel; Steinweg Nr. 16 der Kolonialwarenladen Berdolet. (Aus dieser Familie stammt der ehem. Professor Dr. Friedrich Berdolet, Apostel-Gymnasium Köln.)

Zwischen den Häusern Steinweg Nr. 17 und Nr. 23 lag die Schmiede des Meisters Josef Nießen.

Die heutige Wirtschaft Geich ist schon lange Zeit als Gasthaus bekannt.

Steinweg Nr. 30 befand sich die alte Metzgerei Jakobs. Der Meister fuhr seine Waren; wie damals allgemein üblich, noch mit dem Hundekarren aus. Die Poststelle Bohlheim, Breitestraße, ist von jeher dort gewesen. Sie war gleichzeitig Gasthaus. Die Post kam mit Pferd und Wagen täglich von Langerwehe. Personenverkehr bestand nicht. In den meist schneereichen Wintern gelangten die Postsendungen mit Pferd und Schlitten nach hier. Nicht selten hatten die Kinder schulfrei, um nach starkem Schnee den Weg nach Geich freizuschaufeln.

Schon um die Zeit der Befreiungskriege befand sich in der Breitestraße Nr. 38 eine Schnapsbrennerei (Korn), auf der anderen Seite, heute Nr. 31, um 1850 eine Bierbrauerei.

Ecke Kirchstraße- Breitestraße (Nr. 2) lag das Sägewerk des Peter Prinz. Man kannte keine Kreissäge oder ein Gatter. Um 1900 mußte der Stellmacher mit der Hand die Stämme zu Planken schneiden: Das Rundholz wurde auf  ein Gestell gelegt. Zwei Arbeiter zogen dann die sogenannte Kürtsäge von oben nach unten.

Einige Häuser weiter, Breitestraße Nr. 20, betrieb der Meister Schramm das Böttcherhandwerk. Er stellte Fässer für Jauche, Schmieröl und Fässer für die Krautfabrik in Merken her. In seiner Nachbarschaft, Breitestraße Nr. 16, wohnte der Maurermeister Simons. Er war zudem „Friseur" des Ortes. Samstags rasierte er die Männer von Echtz und schnitt das Haar (Universalschnitt, Preis 0,10 RM).

Die wohl älteste Wirtschaft von Echtz ist das heutige Gasthaus „Alt Echtz", vormals Olefs, davor Jungbluth (Steinbisstraße 50).
Die Drahtweberei Gebr. Pütz, Echtz, Steinbisstraße 48, wurde Ende 1928 von den Gebrüdern Matthias und Johann Pütz, Echtz, gegründet. Anfangs stellte sie mit ca. 6 Arbeitskräften Drahtsiebe her, die hauptsächlich exportiert wurden. Nach 1933 ging der Export stark zurück. Aus diesem Grunde betrieb man nun vornehmlich die Drahtflechterei - Herstellung von Maschendraht für Umzäunungen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg führte Matth. Pütz das Unternehmen allein weiter. Ständig konnten mehr Arbeitskräfte beschäftigt werden, heute ca. 20. Die für ihre exakte Arbeit in weitem Umkreis bekannte Firma produziert heute hauptsächlich Drahtgeflechte und Wellengitter und erstellt komplette Umzäunungen.

Schmiedemeister Josef NieBen mit seinen heiden Kindern Wilhelm und Magdalena (später
Schmiedemeister Josef Nießen mit seinen beiden Kindern Wilhelm und Magdalena (später
Müllenmeister), rechts Matthias Wilhelm Nießen.

Nießens Wohnhaus       Prof. Dr. Berdolet
Nießens Wohnhaus                                                            Prof. Dr. Berdolet


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