Keltengräber im Bereich von Düren-Echtz

Zeitungskopf2012-10-11


Es ist schon lange bekannt, dass der Name unseres Dorfes keltischen Ursprung hat. Wir wissen auch, dass die Kelten bereits ca. 800 Jahre vor den Römern einen großen Teil Europas, nämlich von Kleinasien bis zu den Britischen Inseln, bevölkerten.

Archäologische Funde, die die Existenz dieser Vorfahren in unserer Heimat exakt belegen, gibt es seit 1936.
Damals wurde im Herbst, beim Bau der Reichsautobahn Köln - Aachen, ein großes Urnengräberfeld mit 115 Bestattungen südwestlich von Merken angeschnitten.

Der Archäologe Rafael von Uslar leitete die Ausgrabungen und Sicherung dieser Funde. Hierzu gibt es eine umfangreiche Dokumentation im “Bonner Jahrbuch” des rheinischen Landesmuseums, Heft 150 von 1950.

Von Uslar schreibt zu den aufgefundenen Grabstellen:

"....nach der Art ihrer Verteilung darf ein ausgedehntes Gräberfeld vermutet werden, von dem wohl nur ein kleiner Teil aufgedeckt wurde. Es scheint aus mehreren Gruppen bestanden zu haben. Im alten Ackerboden fehlen alle Anhaltspunkte dafür, ob die Gräber alle oder zum Teil einzeln oder zu mehreren einem Hügel bedeckt waren; nach ihren gegenseitigen Abständen wäre beides bis auf wenige Ausnahmen möglich gewesen.

... Neben wenigen Leichenbrandresten enthielt das Gräberfeld Urnen, die, soweit sich bei dem mangelhaften Erhaltungszustand der Gräber beurteilen lässt, recht häufig eine Deckelschale besaßen."


Er stellte bereits damals fest, dass die meisten Urnen durch das Überpflügen bei der Ackerbestellung zerstört worden sind, und dass die Gefäße jeweils in einer eigens angelegten Erdgrube standen.

Das typische Ausstattungsmuster im Grab bestand aus einer Urne, die meist mit einer Deckelschale geschlossen war. In einigen Fällen wurde ein kleines Gefäß, von den Archäologen “Eierbecher” genannt, beigegeben. Aus der Art, wie dieses Gefäß gebrannt war, schließt man, dass es im Bestattungsritus eine besondere Rolle gespielt haben muss. Es wurde möglicherweise mit dem Toten auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Dies gilt auch für wenige gefundene Bronzefragmente und kleine Tonringe, die einigen Toten ins Jenseits mitgegeben wurden.

In den letzten Jahren, bei diversen Baumaßnahmen (Fernwärme, Gasleitungen, Verbreiterung der Autobahn), stieß man immer wieder auf neue Funde, insbesondere südlich der Autobahn, auf der “Echtzer Seite” .

Die Funde wurden von Archäologen dokumentiert und geborgen. Das Rheinische Landesmuseum in Bonn hat einige Fundstücke restauriert und unserem Verein als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Diese Urnen befinden sich in einer Vitrine in der Grundschule in Echtz.

Urnenfeld
Lage der letzten Fundstellen, beim Bau der Ferngasleitung.          Karte: Firma Archbau, Essen


Urne im Boden
  Leichenbrand 
.. so liegen die Urnen im Boden   ..Leichenbrand in einer Urne an der Fundstellr
     Fotos: Firma Archbau Essen
Urne mit Deckel
  Urne
... typische Urne mit Deckel   Fotos: Lettmayer
Eierbecher
  Fragment Füßchenschale 
..ein sogenannter Eierbecher   ...Fragment einer seltenen Füßchenschale
    Fotos: Lettmayer

Von den Archäologen wissen wir, dass die Bestattungsstellen den Kelten der sogenannten Hallstattzeit ,ca. 800 v. Chr., zugerechnet werden.

Da die Funde in südlicher Richtung zunehmen, insbesondere die Siedlungsbefunde, (Bodenverfärbungen - Gruben), besteht bei den Archäologen die Hoffnung, irgendwann eine dem Gräberfeld zugehörige Siedlung untersuchen zu können.

Interessant ist , dass die angesprochene Richtung auf Echtz zielt. Es kann also durchaus möglich sein, dass der Bereich unseres heutigen Dorfes Wohnsitz für eine große Gruppe von keltischen Familien war.

Durch die Funde der Brandgräber ist zu erkennen, wie die Kelten mit ihren Toten umgegangen sind. Was wissen wir aber über ihr Leben?

Wer waren die Kelten?

Zu dieser Frage schreibt uns Frau Dr. Rücker vom Rh. Landesmuseum in Bonn:

"Im fünften Jahrhundert v.Chr. erwähnt der griechische Historiker Herodot erstmals Keltoi – Kelten. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich eine Vielzahl von Völkern. Es ist nicht bekannt, ob sich die Kelten auch so bezeichneten oder ob sie verschiedene Stammesnamen gebrauchten.
Verbunden sind sie durch eine weitgehend einheitliche Kultur mit typischen Charakteristika wie Kunststil, Siedlungsweise, Sozialstruktur oder Bewaffnung. Wir sprechen daher von der keltischen Kultur, ohne dass einzelne Völker benannt werden können. Auch andere Völker kopierten oder entwickelten den keltischen Kunststil und die Bewaffnung weiter.
Vom siebten bis fünften Jahrhundert v. Chr. lag das keltische Siedlungsgebiet zwischen dem heutigen Ostfrankreich und Süddeutschland; im Laufe des vierten Jahrhunderts v.Chr. kommt es dann zur Ausdehnung. Dieser Raum reicht schließlich vom Atlantik über Mittel- und Südosteuropa bis nach Kleinasien.
Im Jahr 387/386 v.Chr. brennen die Kelten Rom nieder. Die keltische Epoche endet schließlich mit der vollständigen römischen Eroberung Galliens durch die Legionen Caesars im Jahre 51 v.Chr."

Geschichtsforscher haben heraus gefunden, dass die Kelten, die in unserer Heimat lebten, zum Stamme der Eburonen gehörten.
Die Eburonen lebten zwischen dem Rhein und der Maas im Gebiet des Rheinlandes, der Nordardennen und der Nordeifel. Der Stammesname ist aus dem keltischen Begriff eburo, das steht für “Eibe”, entstanden.

Die Kelten lebten in Familienverbänden. Es gab Einzelgehöfte, aber auch Siedlungen. Bei der Anhäufung von Grabstellen in unserem Dorfgebiet kann man von einer größeren Siedlung ausgehen. Hier wohnten sie in Häusern aus Holz mit Strohdächern. Die Wände wurden mit Holzgeflecht und Lehmverputz wetterfest gemacht. Diesen Baustil hatten sie von den Menschen der Steinzeit übernommen.

Rekonstruktion im Gelände des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege
Wohnhaus
Wohnhaus Foto: Lettmayer

Lagerhaus1
  LAgerhaus2 
Speicher und Lagerhäuser   Fotos: Lettmayer

Die Kelten betrieben Landwirtschaft mit Viehzucht und Getreideanbau. Sie hielten sich Schweine, Schafe und Geflügel. Mit guten Reitpferden konnten die Männer weite Strecken zurücklegen. Von römischen Geschichtsschreibern wissen wir, dass die Frauen sich in wollene, prächtig gefärbte und im Karomuster gewebte Stoffe kleideten. Die Schafwolle wurde mit Naturfarben gefärbt, gesponnen und auf einfachen Webstühlen zu Stoffbahnen verarbeitet. Da man keine Knöpfe kannte, wurden die ärmellosen Kleider mit Fibeln, ähnlich der heute noch gebräuchlichen Sicherheitsnadeln, zusammen gehalten. Frauen und Männer trugen aus Bronze, später auch aus Gold gefertigten Schmuck. Die Männer waren berühmt wegen ihrer großen Schnauzbärte. Sie waren hervorragende Waffenschmiede. Ihre Schwerter und Speere waren weitaus besser als die der Römer. Aber auch die kunstvollen Keramikarbeiten, wie sie auch für die Graburnen angewendet wurden, zeugen von hohem künstlerischen und kulturellen Niveau.

Leider gibt es kaum schriftliche Aufzeichnungen aus der Keltenzeit. Zwar benutzten sie Schriftzeichen, wie die Runen der Germanen, aber es gibt kaum verwertbare Dokumente. Diese entstanden erst durch die Schriften der Römer . Da es sich dabei, gerade bei den Schriftstücken von Julius Cäsar, um die Empfindungen der Eroberer und damit der Feinde handelt, muss man diese Dokumente mit einigem Zweifel ansehen. Oft wurden die Kelten als barbarisch, kriegerisch und roh dargestellt. Ihre Kunst, Schmuck herzustellen, Stoffe zu produzieren, in Familienverbänden zu leben und vieles mehr, zeigen andere Charakterzüge. Viele Ausgrabungen und Funde in ganz Europa bestätigen das.

Für uns hier in Echtz und Konzendorf ist es eine spannende Geschichte, zu erfahren, wie die Menschen in der Zeit tausend Jahre vor der Besiedlung durch die Römer, also dreitausend Jahre vor unserer Zeit, in unserer heutigen Heimat gelebt haben.

Die Geschichte wurde und wird gerade hier bei uns durch den stetigen Wandel der Landschaft, insbesondere durch den Braunkohleabbau, offengelegt. Man muss erkennen, dass ohne die baulichen Tätigkeiten vieles verborgen geblieben wäre. Man kann gespannt sein, was wir, oder unsere Nachfahren, noch alles über die Menschen vor uns erfahren werden.
HGV-Echtz/Konzendorf  Udo Lettmayer