Erinnerungen von Pastor Heinrich Joussen
(Sohn von Amtsbürgermeister Joussen)
Zum 25-jährigen Priesterjubiläum hatte Amtsbürgermeister
Joussen spätabends im Pfarrhaus gratuliert. Man beobachtete ihn
dabei und befragte ihn später deswegen.
Wenn der Kirche Kontrollen von Predigten bzw. Hirtenbriefen drohten,
wurde Pastor Lauscher vom Amtsbürgermeister Joussen durch Boten
verständigt.
Bei der Verabschiedung von Hauptlehrer Dupont hatte man das
"Horst-Wessel-Lied" nicht gesungen. Lehrer Robens, daraufhin befragt,
meinte, das habe sich doch überholt. Auch hier gab es wieder
Schwierigkeiten.
Frl. Lehrerin Kirfel wurde dienstverpflichtet. Bei ihrer Arbeit stellte
sie fest, daß auf Karteikarten besondere politische Notizen
eingetragen waren, z.B.: Gibt nichts ans WHW (Winterhilfswerk), keine
Hitlerfahne, Kirchgänger usw.
Pater Theo Kniebeler, ein Vetter von Küster Wilhelm Kniebeler,
allen älteren Echtzern bekannt, war Militärgeistlicher und
predigte während eines Heimaturlaubes nicht nazigerecht. Er wurde
in eine Strafkompanie versetzt und fiel am 14. 3. 44 an der Front. Nach
ihm wurde in Krefeld-Vorst eine Straße benannt.
Pastor Lauscher, Amtsbürgermeister Joussen und Lehrerin Frl.
Kirfel u. a. leisteten während der Nazizeit fortlaufend passiven
Widerstand, aber so geschickt und mit gegenseitiger Unterstützung
und Abdeckung, daß alle vor Verhaftungen verschont blieben.
Amtsbürgermeister Joussen hatte auch oft zwischen Militär und
Pastor sowie Bürgern zu intervenieren: Tanz in der Fastenzeit,
hartes Strafexerzieren ...
In unserer Gemeinde hat es mehrfach Auswüchse
nationalsozialistischer Gewaltherrschalt gegeben. Sie aufzuzählen,
würde bedeuten, alte Wunden aufzureißen, und das soll an
dieser Stelle nicht geschehen.
Führung eines Wachbuches. Die Eintragungen der Jahre 1941/42
schließen meist mit dem Vermerk: Keine besonderen Vorkommnisse.
1943 Verschärfung des Luftkrieges. Bombergeschwader
überfliegen - meist nachts - Echtz und greifen vornehmlich
Köln an.
Vermerk im Wachbuch aus der Nacht v. 16.-17. 6. 43:
"Zielmarkierungslampen nördlich von Echtz. Überflug in
Richtung Köln. Flakfeuer."
Die letzte Eintragung ins Wachbuch erfolgte in der Nacht vom 25. - 26.
6. 1943.
Im Jahre 1944 ist die Tätigkeit feindlicher Flugzeuge so
groß, daß am 15. September alle Schulen geschlossen werden.
Angriffe Tag und Nacht.
Am 28. September fallen durch Tieffliegerangriffe bei Nörvenich 70
14- bis 18-jährige Jungen, die zu Schanzarbeiten eingezogen waren.
Neben Schwerverletzten hat die Pfarre Echtz drei Gefallene zu beklagen:
Hans Gregor Kniebeler, Echtz,
Matthias Dickmeis, Echtz,
Wilhelm Koch, Geich
(Schulchronik)
In der Schulchronik steht weiter vermerkt:
Am 12. Sept. 1944 schlagen Sprenggeschosse in Echtz ein. Mehrere
Personen werden verletzt. In Konzendorf wird Peter Bruck (35 J.) durch
Granatsplitter getötet.
Okt. 44: Tieffliegerangriffe. Bombenteppiche um Echtz.
Die Front befindet sich nun schon so nah, daß amerikanische
Batterien Echtz unter Feuer nehmen. Verschiedene Häuser werden
durch Granatsplitter beschädigt. In der Nähe von Echtz in
Stellung befindliche Artillerie (8,8 Flak) antwortet.
Am 16. Nov. 1944, dem Tag des Angriffs auf Düren, finden ohne
Unterbrechung Tieffliegerangriffe statt. Die Stellungen im Bereich der
Feldgemarkung wurden mit einem Bombenteppich belegt.
Der Landwirt Wilhelm Geich, sein gleichnamiger Sohn und Kath. Vitzer
verlieren auf dem Feld ihr Leben.
In Düren kommen zu Tode: Frau Jos. Kalkbrenner, die Witwe Decker
und ihre Tochter Katharina sowie Klara Jakobs.
In den folgenden Tagen wird Echtz mit Bomben und Granaten angegriffen.
Am Samstag, dem 18. 11. 1944, wurde der Ort selber, der
Straßenzug Weidmühlenstraße, von Bomben getroffen.
Acht
Echtzer und viele Soldaten überleben diese Angriffe nicht:
Frau Helene Kellenter,
ihr Bruder Josef Vitzer,
Leonhard Kellenter,
Therese Kellenter,
Hermann Franken,
Heinrich Franken,
Klara Holzkamp sen.,
Gertrud Herper.
Am 18. 11. 44 wird für Echtz-Konzendorf und Geich die Evakuierung
angeordnet. Sie soll bis zum 20. 11. vollzogen sein.
Einige verlassen ihre Heimat auf eigene Faust, andere schließen
sich Transporten an, die nach tagelangem Aufenthalt in Buir nach Nord,
Ost und Süd - ins Ungewisse - abgehen.
Frontsoldaten und Schanzleute bleiben hier.
Mitte Dezember 44 liegt Echtz im Brennpunkt schwerster Kämpfe.
Viermal wechselt es seinen Besitzer, bis es schließlich fest in
der Hand der Amerikaner ist.
Am 28. 3. 45 kehren die ersten Bürger unserer Gemeinde aus der
Evakuierung zurück. Sie finden ein Trümmerfeld vor: Die
Kirche und viele Haüser sind gänzlich zerstört, die
Schule teilweise. Ende Mai haben etwa zwei Drittel der Bevölkerung
von Echtz-Konzendorf wieder heimgefunden.
Voller erstaunenswerter Kraft beginnen Männer, Frauen und Kinder
sogleich mit den Aufräumungsarbeiten: Vergraben der Tierleichen
(ca. 150), Beseitigung des Schutts, Ausbesserung der noch bewohnbaren
Häuser ...
Spezialkommandos beseitigen Minen und entschärfen
Bombenblindgänger. Kriegsgefangene kehren heim. Viele Soldaten
unserer Gemeinde sind gefallen, andere gelten als vermißt.
Tränen des Glücks, Tränen der Trauer, quälende
Ungewißheit.
Die Pfarrchronik berichtet über die Nachkriegsverhältnisse u.
a.:
"Im Frühjahr 1945, nachdem das linksseitige Rur- und Rheinufer in
amerikanische Hand gekommen war, begann auch wieder die Rückkehr
der Echtzer und Geicher. Über das, was die Einwohner in Echtz
vorfanden, berichtet Pfarrer Lauscher im Protokollbuch des
Kirchenvorstandes. Er schreibt:
"Von August 1944 bis August 1947 haben keine offiziellen Sitzungen
stattgefunden. 19. November 1944 Zwangsevakuierung. Frühjahr 1945
Rückkehr der einzelnen Familien aus allen Teilen Deutschlands, wo
sie evakuiert waren. Welch ein Anblick der zerstörten Heimat! SS
hatte Kirche und Turm Anfang Dezember 1944 gesprengt, bevor die
Alliierten einrückten. Allmählich faßten die Bewohner
wieder Mut und begannen, sich irgendwo im Stall oder Keller "wohnlich"
einzurichten. Weder Kirche, Schule oder Saal boten Raum für
Gottesdienst. In einem Zimmer des Pfarrhauses wurde Gottesdienst
gehalten. Der Hauptgottesdienst an Sonn- und Feiertagen wurde
draußen an der Maternuskapelle gehalten bis Weihnachten 1945. Zu
Weihnachten fand der Gottesdienst in der Baracke statt. Diese wurde in
Hackenbroich bei Dormagen im Juli 1945 käuflich erworben, konnte
aber erst bis zu Weihnachten nach hier besorgt werden, weil die
notwendigen Transportmittel fehlten. Diese "Notkirche" wird wohl noch
Jahre unser Gotteshaus ersetzen müssen, da kein oder zuwenig
Baumaterialien von den Alliierten freigegeben werden. Besonders zu
beklagen ist die mangelhalte Wasserversorgung, so daß die
Bewohner noch bis Sommer 1946 das Trinkwasser in Hoven oder Mariaweiler
holen müssen. Kein Telefon am Orte - aber anderseits Abgeben von
Steuern - zahlen."
Doch schon unter dem 13. August 1945 heißt es im Protokollbuch:
"Bedeutend wichtiger als Punkt 1 und 2 ist der letzte: ,Die
Aufräumung der Trümmer unseres zerstörten Gotteshauses,'
das die SS-Banditen gesprengt haben. Die großen Schuttmassen
durchzuwerfen und evtl. fortzuschaffen, ist ein großes Problem.
Einmal fehlt es an der Zeit, dann an Arbeitern bzw. Fuhrwerken. Der
Kirchenvorstand, besonders die neuen Mitglieder, werden versuchen, mit
all ihnen zur Verfügung stehenden Kräften dieses Problem zu
lösen." Und dann wurde wirklich in der zerstörten Kirche
entschuttet und die Kirche fast wieder wie im alten Stile errichtet
nach den Plänen des Herrn Architekten Helbig, Köln, und der
Baufirma Hubert Iven, Birkesdorf. Über den Zustand der
zerstörten Kirche erfahren wir an verschiedenen Stellen des
Protokollbuches mehrere Einzelheiten, so z. B. am 2. 4. 1945:
"SS-Soldaten haben den Turm als Beobachtungsstand benutzt und bei ihrem
Abrücken Anfang 1945 gesprengt; durch eine schwere Bombe vor der
Kommunionbank wurden 2 Säulen und das ganze Gewölbe
gestürzt."
Nach vielen gemeinsamen Arbeiten und Mühen, bei der die
Bevölkerung durch die monatlichen Haussammlungen gewaltige Opfer
gebracht hatte, konnte dann am 28. September 1952, dem Patronatsfest
der St. Michaelskirche, Pfarrer Lauscher im Verkündigungsbuch
mitteilen:
"Am Sonntag, dem 28. 9., feiern wir das Schutzfest unseres Patrones des
Hl. Erzengels Michaels, besonders aber auch das Fest der Einweihung
unserer Pfarrkirche, ein Festtag, den wir wohl nicht mehr erleben. Am
Feste Michael-Erscheinung (8. Mai 1950) haben wir begonnen mit dem
Aufbau - am Schutzfeste halten wir die Weihe des Gotteshauses, die der
Hochw. H. Weihbischof Cleven, Köln, vornehmen wird. Zum besseren
Verständnis der schönen Weihezeremonie wird der H. H. Pater
Schiffer OSB am Mittwochabend, 7 Uhr, Predigt mit Segen halten. Wir
wollen uns alle auf diesen Tag vorbereiten."
Am 7. September hatte bereits Pfarrer Lauscher in der neuen Pfarrkirche
die Erstkommunion der Kinder gehalten, die wegen Platzmangels in der
Baracke bis zur Wiederherstellung der Pfarrkirche aufgeschoben worden
war ..."
Gefallene und Vermißte des
Zweiten Weltkrieges
Gefallen sind:
Johann Emunds |
Josef Olefs |
Peter Clahsen |
Peter Blom |
Andreas Köhnen |
Wilhelm Sprenger |
Franz Lenzen |
Arnold Palm |
Engelbert Rudolf |
Ignaz Hannes |
Kaspar Abels |
Josef Pley |
Johann Kayser |
Wilhelm Hermanns |
Heribert Weiss |
Peter Palm |
Winand Ebertz |
Paul Schulz |
Ludwig Heiden |
Josef Dick |
Heinrich Dick |
Franz Bruchhausen |
Wilhelm Hannes |
Peter Brück |
Josef Baum |
Wilhelm Kayser |
Hermann Hausmann |
Klemens Jonas |
Heinrich Bohlheim |
Wilhelm Schramm |
Adolf Schmitz |
Wilhelm Schmitz |
Johann Holzkamp |
Heinrich Spiehs |
Peter Spies |
Hans Georg Kniebeler |
Heinrich Hermanns |
Bernhard Hansen |
Matthias Dickmeis |
Karl Jouhsen |
Wilhelm Holzkamp |
Johann Schmitz |
|
Arnold Clahsen |
|
Zu den Vermißten zählen:
Wilhelm Palm |
Stephan Gülden |
Josef Dickmeis |
Josef Hannes |
Johann Hermanns |
Matthias Klein |
Josef Rosarius |
Josef Heidbüchel |
Kaspar Mertens |
Franz Simons |
Johann Wilden |
Josef Mirbach |
Paul Freialdenhoven |
Alexander Beusch |
Wilhelm Becker |
Peter Becker |
Bruno Buchholz |
Peter Bongen |
Reiner Kopp |
Lambert Stäpgens |
Josef Kopp |
Peter Spix |
|
Franz Hannes |